Sonntag, 13. Februar 2011

Muss ja...

Ein Grund, warum ich diese flache Ecke der Erde so mag ist die Einfachheit der Kommunikation. Grad heute, wo alles irgendwie verdenglischt wird und viele meinen ihre Mitmenschen mit dem Gebrauch von Fremdwörtern beeindrucken zu müssen.
Das fängt im normalen Sprachgebrauch an und hört im Job auf, weil heute wirklich jeder irgendwo ein -manager an seine Berufsbezeichnung hängt. Oder besser noch Managing Director. Und dann bitte auf Englisch um die hochtrabende Verwirrung zu vervollkommnen.

Das gibt es bei uns nicht. Hier ist ein Dipl.Ing. Agrar Ökonom Managing Director ganz schlicht und einfach ein Bauer. Punkt!
Schließlich hat der auch keinen edleren Kuhschiett an den Stiefeln als andere.

Man sagt uns ja nach dass wir recht maulfaul sein können. Aber das können nur die behaupten, die nicht verstehen wieviel wir mit wenigen Worten sagen können.

Das fängt bei der Begrüßung an:
„Moin!“ „Moin!“
Damit ist unter Umständen alles gesagt, ausreichend Kommunikation für die nächsten Stunden. Wir empfinden Schweigen eben nicht als unangenehm, wir verständigen uns notfalls auch mit Knurrlauten, zuweilen auch in Selbstgesprächen. Sozusagen die nordische Form der Telepathie.

Wenn man sich länger nicht gesehen hat, dann kann die Kommunikation allerdings auch etwas ausgefeilter erscheinen und man hängt noch ein:
„Und, wie geht’s?“ (Wo geiht?) dran.
Nach einer kurzen Pause kommt darauf die stets gleiche Antwort:
„Muss ja.“ (Mutt jo)
Gerät die Pause ein wenig zu lang gibt der Fragende die Antwort meist gleich selbst dazu. „Muss ja, ne.“ Dann genügt ein bestätigendes Nicken.
Allerdings ist dieses „Muss ja“ ziemlich facettenreich in seiner Bedeutung.
Es kann heißen:

Dat geiht di gorniggs an, will ick nu nich över schnacken.

(Das geht dich gar nichts an und ich will da jetzt nicht drüber reden.)

Mi geiht dat gor nich good, avers dat häst du jo wohl jümmers hört, de Lütt schnackt jo allerwärts un weeten ligges mehr as een süllm.
(Mir geht es gar nicht gut, aber davon hast du bestimmt schon gehört. Die Leute reden ja doch schon darüber und wissen sowieso immer mehr als man selbst.)

Mi geiht dat good un ick hevv niggs to kloogn, loots man övert Wedder schnaggn.
(Mir geht es gut und ich habe leider nichts worüber ich mich beschweren kann, also bleibt uns nichts anderes als übers Wetter zu reden. Das ist ja sowieso nie recht.)

Geiht so lala un ward wohl ogg bald wedder beeder.
(Geht so, aber wird schon wieder werden.)

Ick bünn schied to pass.
(Mir geht’s beschissen.)

Und wer nach einem „Muss ja“ seine Neugier gar nicht zügeln kann, der hängt noch ein „Und sonst?“ dran, das aber meist schulterzuckend unbeantwortet im Raum stehen bleibt.
Wahlweise aber auch mit einem wiederholten „Muss ja“ beantwortet wird, was dann soviel bedeutet wie: Boah, halt den Sabbel und nerv mich nicht.
Dieses „Und sonst?“ hat allerdings auch eine gewisse Signalwirkung. Es bedeutet soviel wie: Es sind Gerüchte in Umlauf und ich will jetzt endlich wissen ob und was da dran ist. Nu erzähl schon, damit ich es endlich unter die Leute bringen kann.

Ob hier bei uns geschludert wird?
Wie denn, wo wir doch so maulfaul sind.


Na denn:

Und sonst?
Muss ja...


derzeitiges replay-dingens:

My Way von Limp Bizkit
© Limp Bizkit-Videos bei Clipfish

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